Beweglich mit Faszientraining
Man kommt kaum noch um sie herum – wahrscheinlich hast auch du schon mal etwas von den Faszien gehört. Beim Faszientraining kommen häufig Faszienrollen zum Einsatz. Doch was hat es mit den Hartschaumrollen auf sich? Was bringt Faszientraining mit der Faszienrolle und für wen ist es geeignet? Welche Übungen sind sinnvoll und was sollte man dabei beachten? Entdecke, wie Faszientraining funktioniert, welche Vorteile es bietet und wann Vorsicht geboten ist. Zusätzlich zeigen wir dir drei ausgewählte Übungen mit der Faszienrolle für alle Level – vom Einsteiger bis zum Profi.
Inhalt:
- Was sind eigentlich Faszien?
- Wirkmechanismus der Faszienrolle
- Wissenschaftlich Belegte Vorteile des Faszienrollens
- Für wen ist Faszienrollen sinnvoll?
- Faszientraining in der Praxis: 3 Übungen mit der Faszienrolle
- Fazit zum Faszientraining mit der Faszienrolle
- Häufig gestellte Fragen zum Faszientraining
Was sind eigentlich Faszien?
Gemeint ist das Bindegewebe – die dünne weiße Schicht aus Kollagenfasern, die Muskeln, Knochen und Organe umhüllt. Das Netzwerk der Faszien durchzieht den gesamten Körper und gibt ihm Struktur. Gleichzeitig enthält es etwa 250 Millionen Nervenendigungen. Diese enorme Anzahl wird besonders deutlich im Vergleich zu 200 Millionen Nervenendigungen in der Haut. Das Fasziensystem ist somit ein großes Sinnesorgan – wenn nicht sogar das größte des menschlichen Körpers. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Faszien eine wesentliche Rolle bei der Körperwahrnehmung und verschiedenen Schmerz-Symptomatiken spielen.
Übrigens: Faszien „verkleben“ nicht wirklich, wie oft angenommen wird. Wie man an der Abbildung sehen kann, bestehen Faszien aus mehreren Schichten, zwischen denen sich Hyaluronsäure befindet, die als Schmiermittel dient. Wenn dieses nicht ausreicht, können sich die Bindegewebsschichten nicht mehr gegeneinander verschieben, aber sie verkleben nicht miteinander.
Wie funktioniert Faszientraining?
Um die Faszien gezielt zu trainieren, wurden verschiedene Methoden entwickelt. Dazu gehören die Selbstmassage mit der bereits erwähnten Faszienrolle, genauso aber auch dynamische Dehnungen, plyometrisches und propriozeptives Training – letztere bezeichnen das Sprungkrafttraining und Übungen zur Tiefenwahrnehmung. Vorliegende Studien zeigen bereits enge Zusammenhänge zwischen dem faszialen Bindegewebe und chronischen Schmerzen sowie Muskelkater – mehr dazu in den folgenden Abschnitten.
Wirkmechanismus der Faszienrolle
Im gesunden Zustand gleiten die Schichten der Faszien und die Muskeln locker aneinander vorbei. Dabei verfügen die Faszien über eine ausgeglichene Balance von Flexibilität einerseits und Stabilität andererseits. Bewegungsmangel, Stress und eine entzündungsfördernde Ernährung, die typischen Begleiter des modernen Lebens, können aber die Beweglichkeit der Faszien einschränken und dadurch beispielsweise Rückenschmerzen auslösen. Aber auch einseitiges Training, dauerhafte Überlastungen und Fehlhaltungen strapazieren die Faszien.
Und hier kommt nun die Faszienrolle ins Spiel: Diese simuliert eine manuelle Massage und übt gezielten Druck auf das Fasziengewebe aus, indem das Körpergewicht über die Rolle oder auch den Ball bewegt wird. Die Intensität kann dabei bis zu einem gewissen Grad individuell dosiert werden, sodass eine unterschiedlich starke Kompression erzeugt werden kann. Letztendlich werden durch den Druck die Zellneubildung und der Flüssigkeitsaustausch im Fasziengewebe angeregt und so die Muskelspannung gesenkt – wobei dieser Effekt nach aktuellem Forschungsstand nicht dauerhaft zu sein scheint, sondern nur unmittelbar nach dem Faszienrollen auftritt. Mehr dazu im folgenden Kapitel.
Übrigens: Zu kaufen gibt‘s Faszienrollen in verschiedenen Größen und Härtegraden. Dabei kann man grundlegend zwischen Rollen mit einer glatten und einer strukturierten Oberfläche wählen, wobei keine der beiden überlegen ist. Am besten einfach ausprobieren, welche man angenehmer findet.
Wissenschaftlich belegte Vorteile des Faszienrollens
Dem Faszienrollen werden zahlreiche positive Effekte zugesprochen – von denen jedoch nicht alle wissenschaftlich belegt sind. Wir werfen daher einen genauen Blick auf den Forschungsstand.
Wie bereits erwähnt, bewirkt das Faszienrollen eine Kompression auf das gesamte Weichgewebe (Faszien, Muskeln, Bänder, Sehnen), wodurch in erster Linie der Austausch von Flüssigkeit angeregt wird. Das kann man sich so vorstellen, als würde man einen nassen Schwamm mit alter Flüssigkeit ausdrücken, sodass er sich anschließend mit frischem, nährstoffreichem Wasser wieder vollsaugen kann.
Wissenschaftliche Studien belegen eindeutig, dass die Beweglichkeit durch das Faszienrollen zumindest kurzfristig verbessert werden kann. Der Effekt ist dabei ähnlich groß, wie durch Dehnübungen, insbesondere dynamische. Zudem können trainingsbedingter Muskelkater und dadurch auch Muskelschmerzen durch Faszienrollen reduziert werden. Dabei sollte man möglichst bald nach einem Training, solang die Muskeln noch warm sind, die Selbstmassage mit der Hartschaumrolle durchführen.
Wozu es aktuell noch keine wissenschaftlichen Belege gibt, sind positive Effekte auf Kraft und Schnelligkeit, genauso wie eine Verringerung von Cellulite.
So kann das Faszientraining als Zusatz zum üblichen Training dabei unterstützen die Beweglichkeit zu fördern und die Regeneration nach dem Training zu verbessern. Die Selbstmassage mit der Faszienrolle sollte dafür am besten alle zwei Tage durchgeführt werden. Zu erwarten, dass alleine vom Faszienrollen der ganze Körper wieder geschmeidig wird, ist jedoch eine unrealistische Vorstellung.
Für wen ist Faszienrollen sinnvoll?
Besonders geeignet ist das Faszienrollen für alle…
- … die sich wenig bewegen und/oder Fehlhaltungen haben
- … die sehr einseitig trainieren und/oder körperlich hohen Belastungen ausgesetzt sind
- … mit Verspannungen und eingeschränkter Beweglichkeit
- … die ihrem Körper etwas Gutes tun wollen
Obwohl das Faszientraining viele Vorteile bietet, ist es nicht für jeden gleichermaßen geeignet. Sollte einer oder mehrere Punkte auf dich zutreffen, ist besondere Vorsicht geboten:
- Verletzungen: Bei (offenen) Wunden, Verbrennungen und Verletzungen jeder Art (Knochenbruch, Verstauchung, Muskel- und Bänderriss usw.) solltest du auf die Faszienrolle verzichten. Die betroffene Stelle muss vollständig heilen, bevor du sie mit einer Hartschaumrolle massierst.
- Hauterkrankungen: Auch bei verschiedenen Hauterkrankungen, wie Infektionen, allergischen Reaktionen, Rötung oder Schwellung, solltest du an der betroffenen Stelle auf eine Massage mit der Faszienrolle verzichten.
- Gefäßerkrankungen: Durch den Druck, den die Rolle auslöst, könnte die Faszienrolle bei bestimmten Gefäßerkrankungen, wie z.B. Thrombose oder Lymphödem, nicht die richtige Art der Massage für dich sein. In diesem Fall solltest du unbedingt vor Trainingsbeginn mit deinem Arzt oder deiner Ärztin sprechen.
- Entzündliche Gelenkerkrankungen und Knochenerkrankungen: Während bspw. bei der Glasknochenkrankheit das Faszienrollen keinesfalls durchgeführt werden sollte, kann es bei anderen Erkrankungen des passiven Bewegungsapparats, wie z.B. Osteoporose oder Rheuma, je nach Ausprägungsgrad durchaus möglich sein. Sprich dazu am besten mit deinem Arzt oder deiner Ärztin, inwieweit das Faszienrollen für dich geeignet ist.
Die genannten Kontraindikationen sind nur einige Beispiele. Wenn du dir unsicher bist, ob das Training mit der Faszienrolle für dich geeignet ist, dann hol dir zuerst eine Fachmeinung ein.
Faszientraining in der Praxis: 3 Übungen mit der Faszienrolle
Das Massieren der Muskeln, Sehnen, Bänder und Faszien wird in der Fachsprache als Self Myofascial Release (SMR) bezeichnet. Das Ziel dieser Technik ist es, die Beweglichkeit des Weichgewebes zu erhöhen, indem der Stoffwechsel angeregt und dadurch die Gleitfähigkeit des Bindegewebes erhöht wird.
Es gibt eine Vielzahl an Übungen mit der Faszienrolle oder dem Faszienball für fast jeden Körperbereich. Nachfolgend stellen wir dir drei Übungen mit der Faszienrolle vor, die auch für Anfänger geeignet sind.
Entspannter Nacken dank Faszienrolle
Die Muskeln im Schulter-Nacken-Bereich lassen sich ganz easy mit der Faszienrolle lockern – am besten zweimal täglich:
- Stell dich mit dem Rücken zur Wand und lege die Rolle in den Nacken.
- Drehe deinen Kopf langsam und mit leichtem Druck ca. 10-15 Mal nach rechts und links, um deine seitlichen Nackenmuskeln zu rollen.
- Anschließend gehst du etwas in die Knie und streckst dein Kinn abwechselnd nach oben und unten, um die gerade Nackenmuskulatur zu massieren.
- Für Fortgeschrittene: Die beiden Übungen kannst du auch in Rückenlage am Boden machen. Dadurch wird der Druck etwas höher. Wenn es noch intensiver sein soll, kannst du auch einen Duoball (Peanut Rolle) verwenden. Achte darauf, dass die Druckpunkte nicht auf den Dornfortsätzen deiner Halswirbelsäule liegen.
Faszien in den Waden lösen
Wer hat nach einer Wanderung nicht schon mal schwere Beine und erschöpfte Waden? Mit der Faszienrolle kannst du deinen Waden eine wohltuende Massage geben:
- Setze dich bequem auf den Boden. Strecke ein Bein aus und stell das andere Bein angewinkelt ab. Lege die Wade des ausgestreckten Beins auf die Faszienrolle.
- Hebe dein Gesäß an, indem du dich auf deine Hände und den Fuß des angewinkelten Beins stützt. Achte auf eine stabile Position, bei der deine Schultern weg von den Ohren ziehen.
- Rolle deine Wade langsam über die Faszienrolle vor und zurück. Bearbeite stets den gesamten Muskel von der Achillessehne bis zur Kniekehle.
- Tipp: Um verschiedene Muskelbereiche der Wade zu erreichen, drehe deinen Fuß beim Ausrollen leicht nach rechts und links.
- Für Fortgeschrittene: Wenn du eine intensivere Massage der Wade möchtest, kannst du dein aufgestelltes Bein auf dem anderen Bein ablegen, sodass du mehr Druck auf die zu rollende Wade bekommst.
Verklebte Faszien im Rücken lockern
Bei vielen Übungen mit der Faszienrolle wird eine Körperpartie gelockert und eine andere gestärkt. Bei dieser Übung massierst du deinen Rücken und beanspruchst gleichzeitig deine Rumpfmuskulatur:
- Setze dich auf die Faszienrolle.
- Stütze dich nach hinten mit den Händen ab und rolle langsam über deinen gesamten Rücken. Deine Füße bleiben am Boden stehen.
- Dabei verschränkst du die Hände entweder hinter dem Kopf oder vor der Brust. Spanne deine Bauchmuskeln an und schiebe dein Becken nach oben.
- Rolle insgesamt ca. 10-15 Mal vor und zurück.
- Für Fortgeschrittene: Strecke deine Arme über den Kopf, um die Massage im Bereich der Schulterblätter zu intensivieren.
Fazit zum Faszientraining mit der Faszienrolle
Wir fassen noch einmal das Wichtigste zusammen: Faszien sind das Bindegewebe, das deine Muskeln, Knochen und Organe umhüllt und deinem Körper Stabilität, aber auch Beweglichkeit verleiht. Bewegungsmangel, einseitige Belastungen, Stress und eine entzündungsfördernde Ernährung können dazu führen, dass sich weniger Hyaluronsäure bildet, sodass die Gleitfähigkeit der Faszienschichten abnimmt, was häufig als „Verklebung“ bezeichnet wird und Schmerzen sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit verursachen kann. Ein wirkungsvolles Gegenmittel ist die Selbstmassage mit der Faszienrolle aus Hartschaum, die nachweislich die Beweglichkeit des Weichgewebes verbessern und Muskelkater verringern kann. Die Effekte halten jedoch nur kurzfristig an, weshalb die Faszienrolle regelmäßig (etwa alle 2-3 Tage) in die Trainingsroutine integriert werden sollte. Aber die Hartschaumrolle ist nicht der einzige Bestandteil eines umfassenden Faszientrainings – auch dynamische Dehnübungen, Sprünge und Übungen zur Körperwahrnehmung gehören dazu.
Für Personen ohne körperliche Einschränkungen oder Vorerkrankungen ist die Faszienrolle in der Regel ein geeignetes Trainingsmittel. Etwas Vorsicht ist geboten, wenn Gefäßerkrankungen, akute Verletzungen oder Entzündungen vorliegen. Im Zweifelsfall vor der Nutzung einen Arzt oder eine Ärztin zu Rate ziehen.
Häufig gestellte Fragen zum Faszientraining
Wie sehen Faszien aus?
Wie sehen gesunde Faszien aus?
Wie sehen verklebte Faszien aus?
Was ist Faszientraining?
Wie oft soll man Faszienrollen?
Quellen
Schleip, et al. (Eds.), Fascia in sport and movement (2nd edition), Handspring Publishing, Edinburgh (2021)
Faszien als sensorisches und emotionales Organ: Faszien als Sinnesorgan - ScienceDirect
Faszientraining – zwischen Trend und Evidenz (laekh.de)
Was bringt das Training der Faszien? - Spektrum der Wissenschaft