In den letzten Jahren ist die Ernährungsstrategie Intervallfasten bzw. Intermittierendes Fasten immer populärer geworden – vor allem weil dem Intervallfasten verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen auf den Stoffwechseln zugeschrieben werden.
Was steckt genau hinter Intervallfasten?
Das Prinzip des Intervallfastens sind täglich wiederkehrende Fastenphasen von 6 oder 8 Stunden bei der 16:8- bzw. 18:6-Methode. Diese Form des Intervallfastens ist das gängigste Prinzip. Zusätzlich gibt es noch die 5:2-Methode oder das alternierende Fasten. Bei diesen Methoden wird an einzelnen Tagen gefastet. Ziel ist es, die positiven Prozesse des Fastens zu nutzen und dennoch eine Ernährungsweise beizubehalten, die ausgewogen ist und keinen Nährstoffmangel mit sich bringt.
Methode 16:8/18:6:
Hierbei wird 16 bzw. 18 Stunden am Stück nichts gegessen. In den restlichen 8 bzw. 6 Stunden des Tages kann man sich wie gewohnt ernähren. In dieser Zeit empfiehlt sich eine ausgewogene Ernährung. Ob beim 16(18)-Stunden-Fasten das Frühstück oder das Abendessen weggelassen wird, kann individuell entschieden werden.
Methode 5:2:
5 Tage in der Woche isst man wie gewohnt, an 2 Tagen schraubt man die Kalorienzufuhr auf ein Minimum herunter. Frauen nehmen in dieser Zeit etwa 500 kcal, Männer 600 kcal zu sich. Die Fastentage müssen nicht aufeinanderfolgen und können von Woche zu Woche variieren.
Alternierendes Fasten:
wird auch Alternate-Day-Fasting genannt. Hier wird jeden zweiten Tag gefastet, die Kalorienzufuhr also auf 500 kcal bei Frauen und 600 kcal bei Männern minimiert.
Was passiert beim Intervallfasten im Körper?
Einer Fastenkur werden viele positive Effekte nachgesagt, die sich kurzfristig auf den Körper auswirken. Es ist zu lesen, dass sich das Körpergefühl verbessert, sich die Blutzuckerwerte bei Diabetikern normalisieren und das Gewicht reduziert wird. Idealerweise wird durch den Energieverzicht außerdem die sogenannte Autophagie in Gang gesetzt. Die Forschung versucht aktuell noch herauszufinden, ob und wie die Autophagie für die Behandlung schwerer Erkrankungen zu berücksichtigen wäre.
Leichteres Abnehmen durch Intervallfasten?
Glaubt man den Medien oder Bloggern, so ist Intervallfasten das Wundermittel, wenn es um Abnehmen geht. Durch einfaches Weglassen einer Mahlzeit und ohne Kalorienzählen nimmt man problemlos ab. Ganz so einfach scheint es jedoch nicht zu sein. In Studien wie von Liu et al. 2022 oder Lowe et al. 2020 konnten keine Unterschiede in der Gewichtsabnahme, verglichen mit anderen Diäten, gezeigt werden. Beispielsweise untersuchten Lowe et al. 2020 im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie mit 116 adipösen Studienteilnehmenden (Frauen und Männer zwischen 18 und 64, BMI von 27–43) über einen Zeitraum von 3 Monaten den Effekt des Intervallfastens. Dabei machte ein Teil Intervallfasten, der andere nahm insgesamt 3 Hauptmahlzeiten am Tag über ein gängiges Zeitschema zu sich. In beiden Fällen wurde keine kalorische Obergrenze festgelegt oder eine Vorgabe zu einem Mindestmaß an körperlicher Bewegung gemacht. Das Ergebnis: Die Intervallfasten-Gruppe konnte im Durchschnitt 0,96 Kilogramm Körpergewicht abnehmen, die andere 0,68 Kilogramm. Kein bedeutend großer Unterschied zwischen den beiden, obwohl die fastende Gruppe ihr Ernährungsverhalten so grundlegend verändert hatte. Ebenfalls zu beachten: Das verlorene Gewicht war bei zwei Dritteln der Teilnehmenden nicht auf den Verlust von Fett zurückzuführen, sondern auf den fettfreier Körpermasse. Hat der Körper davon nicht ausreichend, kann das zu Muskelabbau und verminderter Energie führen. Das Fazit der Studie war, dass Intervallfasten beim Abnehmen nicht effektiver hilft als das Essen von 3 Hauptmahlzeiten, wenn sonst keine anderen Maßnahmen (Einhalten einer bestimmten Kalorienmenge, Bewegung) hinzugezogen werden.
HbA1c-Vorteil durch intermittierendes Fasten bei Diabetes m. Typ 2?
Intervallfasten wurde als Maßnahme zur Gewichtsabnahme im Rahmen einer Typ-2-Diabetestherapie mit zusätzlichen günstigen kardiometabolischen Effekten bei Menschen mit Adipositas weitläufig empfohlen. Trotz der wachsenden Beliebtheit ist die Wirkung von Intervallfasten bei Menschen mit Typ-2-Diabetes augenblicklich unklar. Borgundvaag et al. 2021 untersuchten im Rahmen eines systemischen Reviews diese These und kamen zu dem Schluss, dass die aktuelle Datenlage keinen Vorteil der glykämischen Kontrolle zeigt.
Doch wird das Zeitfenster der Essensaufnahme nochmals differenziert betrachtet, so zeigen sich beim Weglassen der Abendmahlzeit, verglichen mit einem fehlenden Frühstück, signifikante Verbesserungen bezogen auf die Insulinsensitivität und Nüchternblutglucose (Sutton et al. 2018). Begründet könnte dies durch den circadianen Rhythmus und die unterschiedlichen Höchstwerte endokriner Faktoren im Laufe eines Tages im menschlichen Körper sein (Gamble et al. 2014). Entsprechend der aktuellen Praxisempfehlung der Deutschen Diabetes Gesellschaft kann Intervallfasten unter ärztlicher Überwachung als Mittel zur Gewichtsreduktion bei Diabetes mellitus eingesetzt werden. Es kann jedoch keine generelle Empfehlung für irgendeine Form des Intervallfastens ausgesprochen werden.
Hat Intervallfasten ähnliche Effekte wie Sport?
Betrachtet man die Veränderungen des Metabolismus durch Intervallfasten, fallen einem schnell Parallelen zu Effekten durch ein Sportprogramm auf, wie z. B. verbesserte Insulinsensitivität oder Nüchternblutzuckerwerte. Parr et al. 2020 betrachteten den Zusammenhang von Sport und Intervallfasten im Rahmen einer Übersichtsarbeit und zeigten selbiges: Die metabolischen Effekte des Intervallfastens ähneln einem Sportprogramm, jedoch kann man sie nicht addieren.
Demnach kann zum einen daraus geschlossen werden, dass sportlich aktive Menschen aus metabolischer Sicht keinen Mehrwert durch ein zusätzliches Intervallfasten haben. Zum anderen kann man bei Typ-2-Diabetikern oder Prädiabetikern, die aufgrund von Verletzungen oder aus motivationalen Gründen kein Sport treiben, ein Intervallfasten mit einem frühen Essenszeitfenster als Ernährungsstrategie testen.
Wie steht die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zu Intervallfasten?
Frau Dr. Gunda Backes bewertete Intervallfasten im Namen der Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. wie folgt:
„Intervallfasten ist eine Methode, die zur Gewichtsabnahme derzeit stark in den Medien beworben wird. Sie unterscheidet sich von einer Heilfastenkur dadurch, dass sie auch langfristig angewendet werden soll. Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen betreffen Häufigkeit und Dauer der Nahrungskarenz.
Die Auswertung der bisher nur in geringer Anzahl vorhanden klinischen Humanstudien wird nicht nur durch die vielen unterschiedlichen Formen des intermittierenden Fastens (alternierendes Fasten, 5:2-Fasten u. a.), sondern auch durch die verschiedenen Studienpopulationen (Übergewichtige, Normalgewichtige, Adipöse) und durch die geringe Studienpopulation erschwert. Zudem liegen zu Langzeitfolgen des Intervallfastens keine wissenschaftlichen Studien vor.
Die bisherigen Daten deuten darauf hin, dass das intermittierende Fasten sich positiv auf die Gesundheit und die Gewichtsabnahme, insbesondere dem geringeren Abbau von fettfreier Masse, auswirken kann bzw. einer kontinuierlichen Energierestriktion ebenbürtig zu sein scheint und keine negativen Nebenwirkungen aufweist. Ob die Compliance im Vergleich zu anderen Diätformen größer ist, bleibt abzuwarten. Studien insbesondere Langzeitdaten und mit ausreichend großer Studienpopulation fehlen hierzu ebenfalls. Inwiefern das intermittierende Fasten aber andere Parameter wie die Stimmung, die körperliche Belastbarkeit, kognitive Leistungsfähigkeit oder das Risiko für Essstörungen beeinflusst, kann derzeit nicht beurteilt werden.
Die meisten Konzepte des Intervallfastens beinhalten keine oder nur sehr vage Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl. Daher findet allein durch das intermittierende Fasten in der Regel keine Ernährungsumstellung hin zu einer ernährungsphysiologisch günstigen Lebensmittelauswahl statt.“
DGE 2022 https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/diaeten-fasten/intervallfasten/?L=0
Dr. med. Thomas Ellrott ist Arzt und Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen:
Intervallfasten hat einen großen Vorteil, der denjenigen zugutekommt, die ständig nebenher essen. Dieses Essverhalten nennt man in der Wissenschaft Grazing/Grasen. Es führt dazu, dass immer kleine Mengen nebenher gegessen werden, die quasi unter dem Radar bleiben. Über den Tag addiert sich dies auf größere Kalorienmengen und kann zu Übergewicht führen. Zudem kommt der Körper kaum in eine Stoffwechselsituation, die zum Fettabbau führt, da ständig Energie nachgeliefert wird. Solche Esser profitieren vom Intervallfasten mit seinen klaren Regeln, weil es längere Esspausen vorsieht, in denen keine Kalorien nebenher aufgenommen werden.
Es gibt aber auch diejenigen, bei denen sehr lange Esspausen wie beim Intervallfasten zu Heißhungerattacken führen, in den unkontrolliert viele Kalorien auf einmal gegessen werden. Solche Esstypen würden von geplanten Zwischenmahlzeiten profitieren, die das Risiko von Essattacken reduzieren. Man darf aber geplante Zwischenmahlzeiten nicht mit einem ständigen nebenher-Essen verwechseln. Das ist für die allermeisten kontraproduktiv.
Unter dem Strich ist das Intervallfasten eine Methode, die Menschen helfen kann, die Kalorienaufnahme zu reduzieren. Wie bei allen Strategien zum Abnehmen gilt auch hier: es gibt keine Methode, die für alle die beste ist, da Menschen sich erheblich voneinander unterscheiden.
Was können wir nun festhalten?
Die aktuelle Studienlage zu Intervallfasten kann den weiterhin bestehenden Hype nicht vollumfänglich bestätigen.
- Positive Effekte auf den Blutzuckerspiegel scheinen mit einem Auslassen der Abendmahlzeit einherzugehen.
- Durch Intervallfasten kann nicht leichter abgenommen werden als mit einer gängigen Struktur mit drei Hauptmahlzeiten, wenn sonst keine anderen Maßnahmen (Einhalten einer bestimmten Kalorienmenge, Bewegung) hinzugezogen werden.
Trotz der eher ernüchternden Studienlage kann das Intervallfasten eine hilfreiche Methode für den einen oder die andere sein, um einen Kalorienüberschuss leichter zu vermeiden oder spät abends noch zu naschen. Wichtig ist, dass die Ernährung auch in diesem kurzen Zeitfenster ausgewogen ist und kein Nährstoffdefizit vorliegt.