Heilfasten nach Buchinger: Der Klassiker im Check
„Dieses Jahr faste ich und tu‘ mir etwas Gutes!“ – auch schon mal gehört oder vielleicht sogar selbst gesagt? Immer mehr Menschen interessieren sich für den freiwilligen Verzicht auf Nahrung und beschäftigen sich mit dem sogenannten „Heilfasten“. Was dahinter steckt und ob man seinen Körper damit tatsächlich heilen kann, liest du hier.
Der Artikel im Überblick:
Was ist Heilfasten nach Buchinger?
Beim Fasten wird für eine begrenzte Zeit komplett auf feste Nahrung und Genussmittel verzichtet oder zumindest die Lebensmittelauswahl begrenzt. Der Ansatz des Heilfasten-Konzeptes nach Buchinger besteht darin, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu wecken.
Da sich dies aber immer auch auf die Gesundheit auswirken kann, sollte vor einer Fastenkur stets mit dem Hausarzt/der Hausärztin gesprochen werden.
Woher kommt das Heilfasten?
Ob zu Hause, in speziell darauf ausgerichteten Hotels im Urlaub oder in einer Fastenklinik: Heilfasten wird schon seit vielen Jahren angeboten und durchgeführt. Es war der deutsche Mediziner Dr. Otto Buchinger, der bereits 1935 ein erstes Programm hierzu entwickelte und den Begriff des Heilfastens prägte. Mit dem Heilfasten werden verschiedene gesundheitliche Ziele verfolgt. Es soll Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, zum Beispiel Diabetes mellitus, oder auch Hauterkrankungen wie Neurodermitis vorbeugen. Auch wird es zur Therapie chronischer Erkrankungen wie Rheuma empfohlen. Natürlich kann Fasten sich auch positiv auf die Umstellung der Ernährungsweise und somit auf eine Gewichtsreduktion und das langfristige Halten des Gewichts auswirken.
Manch einer möchte sich durch das Fasten auch eine Art bewusste Auszeit ermöglichen – physisch UND psychisch. „Freier Magen = freier Kopf“ lautet hier die Devise.
In seiner ursprünglichen Form hatte Fasten das Ziel, Körper und Seele vor religiösen Festen zu reinigen, damit ein Opfer zu bringen oder für begangene Sünden zu büßen.
Heilfasten: Esoterikquatsch oder wissenschaftlich belegt?
Während das Fasten in der Vergangenheit häufig nur als esoterische Spielerei für alternative Lebensgemeinschaften oder religiös-motivierter Brauch betrachtet worden ist, ist es heute ein echter Ernährungstrend. Und auch die Wissenschaft beschäftigt sich damit, denn viele Forschende und Mediziner:innen gewinnen dem kurzfristigen(!) Nahrungsverzicht gute Eigenschaften ab.
Aus alt mach neu mit Heilfasten: Wie Autophagie entsteht
Ein großes Forschungsfeld befasst sich mit der sogenannten Autophagie, einem der wichtigsten Prozesse in unserem Körper: Hier werden nicht benötigte und kranke Zellbestandteile abgebaut bzw. anders verwertet, die Zellen quasi gereinigt und recycelt. Dank dieser Art der „Selbstverdauung“ lagert sich kein zellulärer Müll ab, der uns krank machen kann. Wenn bei unserer Autophagie alles glatt läuft, kann dieser Prozess ein Baustein sein, um uns besser vor Krebs, Herzkrankheiten oder bösartigen Bakterien zu schützen.
Unser Stoffwechsel und Verdauungsapparat sind eigentlich auf eine Lebensweise ausgerichtet, die regelmäßige Essenspausen und Bewegung kombiniert. Bei kurzzeitigem Energiedefizit – wie eben beim Fasten oder einem auspowernden Training – kommt die gesundheitsfördernde Autophagie daher bevorzugt in Gang. Will heißen: Wer fastet und sich ausreichend bewegt, kann den Recyclingprozess in seinem Körper positiv beeinflussen.
Inwieweit sich das Fasten tatsächlich auf Krebserkrankungen und -therapien auswirken kann, ist aktuell ebenfalls dauerhafter Gegenstand der Wissenschaft.
Gut für Gelenke: Warum Heilfasten bei Rheuma helfen kann
Das Heilfasten wird seit geraumer Zeit bei rheumatoider Arthritis eingesetzt, da es kurzzeitig positive Effekte auf die Entzündungen im Körper haben kann. Studien ergeben, dass Erkrankte während und nach der Fastenkur weniger Beschwerden haben: Die Gelenke schwellen ab und die Schmerzen werden gelindert.
Als langfristige Therapieform kann der Nahrungsverzicht aber natürlich nicht eingesetzt werden. Studienergebnisse haben gezeigt, dass Fasten und eine vegetarische Ernährung im Anschluss aber einen günstigen Effekt ausgeübt haben.
Einer der bekanntesten Rheumapatienten war tatsächlich der Arzt Otto Buchinger, der sich „aus der Not heraus“ mit einer eigens entwickelten Heilfastenkur behandelte – und das mit Erfolg.
Heilfasten nach Buchinger: Selbstheilungskräfte stärken
Der Ansatz des Heilfasten-Konzeptes nach Buchinger besteht darin, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu wecken und ihn von den sogenannten „Schlacken“ zu befreien. Dieses „Entschlacken“ soll Krankheiten vorbeugen oder sie bestenfalls sogar kurieren. Als Einstieg in das drei- bis vierwöchige Fastenprogramm empfiehlt Buchinger eine Darmentleerung, z. B. mit abführendem Glaubersalz, und/oder einige Entlastungstage mit Obst oder Reis und Gemüse.
Wichtig zu beachten: Die Theorie des „Entschlackens“ ist wissenschaftlich nicht begründet. Denn nicht verwertbare Nahrungsbestandteile sammeln sich nicht als „Schlacken“ im Körper an. Wir scheiden diese bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr über den Darm und die Nieren regelmäßig aus. Wichtig ist also viel zu trinken! Beim Fasten tritt eher der oben genannte Prozess der Autophagie in Kraft.
Entlastungstage: Langsam herantasten
Während dieser Tage werden rund 600 Kalorien aus überwiegend Kohlenhydraten und wenig Eiweiß zu sich genommen. Auf Fett, Kaffee, Alkohol, Nikotin und Süßigkeiten wird verzichtet. Wer möchte, kann auch einen ganzen Obsttag einlegen, bei dem etwa zwei Kilogramm frisches Obst auf etwa fünf Portionen aufgeteilt werden. Auch ein Tag mit Reis ist möglich. Dafür werden 50 g Naturreis gekocht und mit rund 200 g gedünstetem Gemüse gegessen – dreimal täglich. Mindestens zwei Liter Wasser oder ungesüßte Tees am Tag sollten während dieser Zeit getrunken werden.
Richtig abführen: So geht’s
- Zwei gehäufte Esslöffel Glaubersalz in 750 ml warmes Wasser geben und innerhalb einer Viertelstunde austrinken.
- 30 Minuten später einen Liter Wasser oder ungesüßten Tee trinken.
- Jetzt läuft’s: Für rund drei Stunden entleert sich der Darm in durchfallartigen Intervallen.
Vorsicht: Wer einen empfindlichen Magen-Darm-Trakt hat, sollte weniger Glaubersalz trinken oder lieber gleich auf sanfte Abführtees oder Einläufe setzen.
Heilfasten nach Buchinger: die Fastentage
Während der Kur ist nur Flüssiges erlaubt: morgens und nachmittags je ¼ Liter Tee (etwas Honig ist zulässig und gut für den Blutzucker), mittags ¼ Liter frisch gepresster Fruchtsaft, abends ¼ Liter heiße Gemüsebrühe (selbst gemacht) und über den Tag verteilt zwei Liter Mineralwasser oder ungesüßten Tee.
Was du sonst noch für Körper und Geist tun kannst:
- Täglich bewegen, leichte Sportübungen, z. B. Yoga, es darf auch geschwitzt werden
- Dich mit einer Wärmflasche auf dem Bauch warmhalten
- Haut reinigen und pflegen
- Stress meiden und viel entspannen
- Meditieren
- Zwischendurch den Darm – vorzugsweise durch einen Einlauf – immer wieder gründlich entleeren
Man sieht also, nicht nur das „Nichtsessen“ ist für eine erfolgreiche Fastenkur entscheidend. Regelmäßige Bewegung und Entspannung sind ebenso wichtige Faktoren für einen gesunden Verlauf!
Heilfasten im Praxis-Check – worauf du achten solltest
Nichts überstürzen: Wer trotz allem heilfasten möchte, sollte mit Bedacht an die Sache herangehen und gut planen. Zunächst einmal ist wichtig zu wissen: Fasten ist nicht für jeden geeignet. So ist beispielsweise Kindern und Jugendlichen, die sich im Wachstum befinden, an einer Essstörung erkrankten Personen sowie Schwangeren und Stillenden auf jeden Fall davon abzuraten. Auch sollte man bei erhöhten Harnsäurewerten darauf verzichten, da während des Fastens vermehrt Harnsäure anfällt, diese nicht wie gewohnt ausgeschieden werden und es zu akuten Gichtanfällen kommen kann.
Außerdem ist zu beachten, dass Fasten zu verschiedenen Nebenwirkungen führen kann, zum Beispiel ein Absenken des Blutdrucks, Herzrhythmusstörungen oder Schwindelgefühle. Viele berichten insbesondere in den ersten zwei Fastentagen von Kopfschmerzen. Für jeden gilt: Vor einer Heilfastenkur ist ein Vorab-Check in einer Arztpraxis auf jeden Fall anzuraten. Auch eine fachkundige Betreuung während des Heilfastens ist sinnvoll.
Fazit: Heilt Fasten und nimmt man damit ab?
Fragen, die sich jeder Interessierte bestimmt schon gestellt hat: Kann ich mit Heilfasten wirklich Krankheiten heilen? Oder: Ist Heilfasten eine sinnvolle und gesunde Methode, um mein Wunschgewicht zu erzielen? Mit diesen Themen beschäftigen sich viele Fachgesellschaften und Wissenschaftler:innen, wie auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Sie sieht das Heilfasten nicht als geeignete Maßnahme zur Gewichtsreduktion. Zwar geht der Zeiger auf der Waage am Ende einer Fastenwoche nach unten, kritisch zu sehen ist dabei jedoch der Verlust an Eiweiß im Körper. Dieser zeigt sich z. B. in einem Abbau der Muskelmasse, wenn sich zeitgleich zu wenig bewegt wird. Hier kann das modifizierte Fasten mit eiweißhaltigen Lebensmitteln eine Alternative sein, da der Körper nicht auf eigene Eiweißreserven zurückgreifen muss.
So oder so besteht aber immer auch die Gefahr des Jo-Jo-Effekts, wenn der Kostaufbau nach der Fastenkur nicht sorgfältig genug erfolgt, wieder genauso gegessen wird wie vorher und man in alte Muster verfällt.
ABER: Heilfasten kann als mögliche Starthilfe hin zum Wunschgewicht und einer gesundheitsbewussteren Lebensführung betrachtet werden, da das Essen in der Regel nach einer gewissen Zeit der Karenz bewusster wahrgenommen wird. Wer sich also ausgewogener ernähren möchte, kann über ein paar Fastentage nachdenken.